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Hublot: CEO Ricardo Guadalupe im Interview

Ricardo Guadalupe, CEO von Hublot, über das tägliche Lernen, den Faktor Zeit sowie aktuelle Herausforderungen im Markt.
Hublot CEO Ricardo Guadalupe in Miami
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Hublot

Die Modelle der MP-Kollektion von Hublot stehen für eine Verschmelzung von Innovation, Mechanik und spektakulärem Design. Neben uhrmacherischer Exzellenz laden sie ein, die Zeit in einem neuen Licht zu betrachten. Zur Vorstellung der Neuheiten während der LVMH Watch Week stellte die Marke seine Releases unter das Motto Zeit und Energie. Dabei hat es mit Sicherheit schon Jahresanfänge gegeben, die die Uhrenindustrie mehr beflügelt haben. Nach dem Boom der letzten Jahre scheint zumindest in Deutschland Ernüchterung einzutreten. Mit der Veröffentlichung von mehr als zwanzig Neuheiten präsentiert sich Hublot – entgegen dem Trend auf Nummer sicher zu gehen –dennoch angriffslustig. Wir sprachen mit Ricardo Guadalupe, CEO von Hublot, über den Faktor Zeit, das tägliche Lernen sowie aktuelle Herausforderungen im Markt.

Hublot CEO Ricardo Guadalupe im Interview

WatchTime: Sie haben bereits zu Anfang des Jahres eine Menge an Neuheiten präsentiert. Wie würden Sie, jemandem einen Überblick geben, der die Marke nicht kennt. Unter welchem Motto stellen Sie die Veröffentlichungen?

Ricardo Guadalupe: Die MP10 ist das beste Beispiel dafür, was Hublot darstellt. Natürlich ist dies eine besondere Uhr, die mit 275.000 Euro auch sehr teuer ist, wir werden nur 50 Stück produzieren. Kommerziell gesehen, wird das keinen großen Einfluss auf unseren Umsatz haben. Aber von einer Markenperspektive zeigt es, dass Hublot ein starker Hersteller ist. Wir können uns mit den großen Marken in unserer Branche vergleichen.

Aber natürlich müssen wir als junge Marke dazu immer versuchen, auch disruptiv und innovativ zu sein, daher setzen wir weniger auf klassische Komplikationen wie einen ewigen Kalender. Wir versuchen, die Mechanik neu zu erfinden – in diesem Fall mit der MP 10, wo alles vertikal statt horizontal läuft. Die Zeit wird nicht durch Zeiger, sondern durch Rollen angezeigt. Dazu kommt noch ein Tourbillon. Ein Tourbillon wirkt immer spektakulär bei einer mechanischen Uhr. Dank einem unglaublichen Design ist das unsere Haute Couture-Uhr. Sie bildet das Fundament für ein Gesprächsthema. Und ist damit auch unser Stück des Jahres, nicht nur für die LVMH Watch Week, sondern auf das ganze Jahr gesehen. Es ist ein Masterpiece auf ganzer Ebene: Mechanik, Design, Material (die Uhr enthält Saphir und Titan-Komponenten). Es repräsentiert unsere Führungsposition in der Verschmelzung von Materialien und Innovation – eine Erfolgsformel, die wir auch bei der grünen Saxem sehen. Wir investieren hier sehr viel in Forschung und Entwicklung. Wir waren die erste Marke, die es geschafft hat, Saphir industriell zu verarbeiten, da es ein sehr schwieriges Material ist. Es ist ein äußerst hartes Material, dabei gleichzeitig auch sehr zerbrechlich. Darauf aufbauend erzeugen wir damit außergewöhnliche Farbversionen. Wir haben Lila hergestellt, wir haben Orange gemacht, das diesjährige Grün ist wirklich etwas Neues.

Auch die quadratische Big Bang birgt ein Beispiel, wie wir Big Bang durch eine neu geformte Uhr darstellen. Die Kollektionen mit besonderen Shapes machen heute bereits 20 % unseres Umsatzes aus. Wir haben also drei Säulen in unserer Kollektion: Classic Fusion, Big Bang und die Shape-Kollektionen. Und dann kommen noch Sondereditionen wie die Orlinski mit Tourbillon und Armband aus blauer Keramik. Das Armband ist dabei eine große Herausforderung. Und ein wichtiger Indikator für uns, um auch in Zukunft mit dieser Art von Armbändern Erfolg zu haben – wir sind bisher eher für Kautschuk bekannt, nicht für Gliederarmbänder. Außerdem müssen wir auch an die Frauen denken, die machen bereits 30 % unseres Umsatzes aus. Ein Meilenstein, dass wir uns bereits von 15 % auf 30 % steigern konnten.

Hublot CEO Ricardo Guadalupe in Miami

Hublot CEO Ricardo Guadalupe in Miami

© Hublot

"Wir können uns mit den großen Marken in unserer Branche vergleichen."

Ricardo Guadalupe, CEO von Hublot

Welche Linie hat die größte Anziehungskraft für Frauen?

Modelle mit Schnellwechselsystem, weil man die Bänder unkompliziert wechseln kann. Ich denke, Frauen mögen es, wenn man das Band passend zu den Accessoires oder der Kleidung auswechseln kann. Das ist allgemein ein sehr interessanter Ansatz.

Zurück zur MP 10, die Inspiration bezieht sich auf Zeit und Energie. Was ist Ihre Meinung dazu?

Energie ist ein gutes Thema, ein philosophisches Thema, mit dem wir eine tolle Geschichte erzählen können. Denn am Ende verkaufen wir Uhren, die durch ihre Geschichte Emotionen wecken und zum Träumen anregen. Generell ist die Energierückgewinnung ein zeitgenössisches Thema – wir haben versucht, eine entsprechende Mechanik am Handgelenk neu zu erfinden. (Auch interessant: 5 Fakten über Hublot)

Und was bedeutet dabei Zeit für Sie?

Zeit ist Leben. Zeit vergeht. Wir können die Zeit nicht kontrollieren. Vor ein paar Jahren haben wir mit einem anderen Masterpiece versucht, die Zeit zu kontrollieren. Sie können Zeit beschleunigen oder verlangsamen. Auch dies war philosophisch gesehen ein besonderes Stück. Was macht den Schlüssel zur Zeit aus? Ich versuche, jeden Moment zu genießen. Dazu habe ich eine Regel: Ich möchte jeden Tag etwas lernen. Es ist ein guter Tag, wenn Sie dazu gelernt haben.

Hublot MP 10

Hublot MP 10

© Hublot

Letztes Jahr wurde die MP 15 vorgestellt, nun die MP 10, dazwischen fehlen einige Modelle? Manchmal merkt man erst im Schaffungsprozess, dass etwas nicht funktioniert. Wie kann man als Führungskraft zum Scheitern „ermutigen“, um daraus zu lernen?

Wir haben verschiedene Ebenen der Forschung und Entwicklung, darunter stehen wirklich grundlegende Innovationen. Aber zum Beispiel bei den Materialien haben wir manchmal Projekte gestoppt, weil wir gesehen haben, dass es nicht möglich ist, sie zu industrialisieren. Ich gebe meinen Mitarbeitern viel Freiheit, sie sollen über den Tellerrand hinausschauen. Das ist ein Exempel in der Herstellung: Es gibt keine Designvorgaben, und es muss auch nicht unbedingt ein großer Knall sein. Ich denke, die Motivation kommt aus der Freiheit zur Kreation, das gibt es in unserer Branche nicht oft. Wir lernen immer etwas, selbst aus einem Misserfolg. Die geballte Sammlung an Experimenten kann uns für ein neues Projekt helfen.

Was sind die größten Herausforderungen für Hublot und die Uhrenindustrie in diesem Jahr?

Wir bewegen uns in der Luxusbranche, im Grunde brauchen wir eine mechanische Uhr nicht. Es heißt Gebrauchsprodukt, weil wir früher eine Uhr zur Zeitmessung brauchten. Aber heute lesen wir die Zeit überall ab. Was wir brauchen, ist also, dass die Welt in Ordnung ist. Psychologisch gesehen ist es sehr wichtig, dass Menschen positiv in die Zukunft blicken können. Deshalb denke ich, dass wir, wie andere auch, mit der Tatsache konfrontiert sind, dass die geopolitische Situation, mit den anhaltenden Kriegen, eventuell noch schlimmer werden könnte. Wir wissen nicht, was in der Zukunft passiert. Wir sehen uns also mit einem Moment konfrontiert, bei dem die Leute ein bisschen Angst haben. Selbst sehr wohlhabende Personen warten die Entwicklung ab. Wir hatten ein unglaubliches Wachstum in den letzten Jahren, 2023 bedeutete eine Konsolidierung. Wir sind also vorsichtig und rechnen nicht mit einem zweistelligen Wachstum.

Bei einigen Marken hatten wir das Gefühl, dass diese auf Nummer sicher gehen. Der erste Release von Hublot besteht aber dennoch aus sehr vielen Stücken. Ist es besser zu diversifizieren oder lieber zu reduzieren?

Bei Hublot müssen wir immer sehr aktiv sein. Wir möchten unsere Philosophie dabei nicht vergessen. Aus der Marketing-Perspektive sowie Produktentwicklung sind wir also immer noch recht aktiv. Aber bei der globalen Produktion zum Beispiel agieren wir vorsichtiger.

Was sind die Ziele für dieses Jahr für die Marke?

Bei uns steht dieses Jahr der Fußball im Vordergrund. Wir haben die EM, die in Deutschland stattfindet. Hier planen wir eine Menge an Aktivierungskampagnen, Fußball ist ein guter Moment, um zusammenzukommen. Das wird mit Sicherheit unser Höhepunkt. Dazu haben wir im Laufe des Jahres eine Reihe wichtiger Veranstaltungen, wie der Depeche Mode Launch samt Konzert in Berlin.

Das LVMH Watch Week Setting in Miami

Das LVMH Watch Week Setting in Miami

© LVMH

In turbulenten Zeiten: Was macht für Sie eine gute Führungskraft aus, wie würden Sie Ihre Führungsphilosophie definieren?

Mir ist es wichtig, mit gutem Beispiel voranzuschreiten und Mitarbeiterinnen sowie Mitarbeiter mit Positivität anstecken zu können – dazu ist Respekt sehr wichtig. Ich versuche innerhalb der Teams den Zusammenhalt voranzutreiben und alle Generationen zu integrieren.

Welcher Zeitmesser inspiriert Sie am meisten?

Wir haben versucht, unsere Branche ein wenig zu revolutionieren. Durch den Erfolg bedingt können wir nicht einfach das Gleiche machen, wie es andere vorleben. Wir haben bereits 2006 ein All Black Big Bang-Konzept entwickelt – das treiben wir immer noch voran. Mit diesem Ansatz zeigen wir, dass eine mechanische Uhr nicht mehr dazu da ist, die Zeit anzuzeigen, da alles Schwarz ist, ziemlich revolutionär. Aber man kann dennoch erkennen, wie spät es ist. Aber die eigentliche Funktion hat sich verändert. Viele Marken sind uns gefolgt, inzwischen haben die meisten Hersteller Auskopplungen komplett in Schwarz.

Wenn wir auf das Thema zurückkommen, dass wir die Zeit überall ablesen können: Ist Ihre Uhr immer auf das richtige Datum und die richtige Uhrzeit eingestellt?

Ja, obwohl eine mechanische Uhr ein paar Sekunden pro Tag schwankt. Erst sind es nur fünf Sekunden, aber nach zehn Tagen wird es mehr, da ist es schon eine Minute. Dann korrigiere ich spätestens. Ich versuche immer, dass die Uhr ganz genau läuft.

Ricardo Guadalupe, CEO von Hublot, mit Daniela Pusch, WatchTime Head of Editorial Germany

Ricardo Guadalupe, CEO von Hublot, mit Daniela Pusch, WatchTime Head of Editorial Germany

© WatchTime

Wie wählen Sie eine Uhr persönlich aus?

Mein Problem ist, dass ich eine Uhrensammlung besitze, die nicht nur aus Hublot-Uhren besteht. Die kann ich nicht tragen. Das ist ein Problem, denn wenn mich jemand mit einer anderen Marke sieht, wird er das falsch verstehen. Aber es gibt wirklich schöne Uhren in unserer Branche. Das kann man ruhig anerkennen. Für mich zählen dazu die ikonischen Modelle unserer Branche, wie zum Beispiel die Rolex Daytona oder die Nautilus von Patek Philippe. Uhren müssen für mich Emotionen vermitteln. Ich habe nie Uhren zur Wertanlage gekauft. Wenn man eine Uhr kauft, muss man diese genießen, sie am Handgelenk tragen und nicht einfach in einen Safe legen, um diese nach zwei Jahren vielleicht wieder zu verkaufen. Ich denke, dass die Emotion, die ein Produkt ausmacht, wichtig ist, denn trotz allem Marketing – am Ende legt die Verbraucherin oder der Verbraucher die Uhr an sein Handgelenk und entscheidet. Es muss das Gefühl entstehen, dieses Uhr kaufen zu wollen.

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